【 art_mining und der Röhrenblick 】
Do. 10. Dezember
SPEED SPEECH
Zum Artists' Window "art_mining"
Von weitem sichtbar sind die drei Werke im hell erleuchteten Schaufenster an diesem frühen Winterabend. Die wie ein verschobenes Triptychon gehängten Hinterglasmalereien von Geneviève Morin zeigen weisse Figuren, die aus schwarzem Wasser aufsteigen. Sie erinnern mich an die Weltentstehungsmythen in Papua Neuguinea, in denen es heisst, weisse Wesen aus dem Meer hätten die Welt erschaffen. Oder sind es ertrinkende Flüchtlinge? Ich meine, zu wissen, was die mit kaltem Neon beleuchtete Installation von Esther Hunziker zeigt: ein naturwissenschaftliches Archiv von in Formaldehyd eingelegten Pflanzen und Tieren. Doch wie so oft, täuscht der erste Blick und meine Neugier ist geweckt. Die eingerollten, zuvor nie ausgestellten Zeichnungen von Julia Steiner erscheinen mir wie Röhren. Mit dem Begriff mining im Kopf kommt mir das Wort Röhrenblick in den Sinn. Und ja, es braucht ihn den Röhrenblick fürs Forschen im Archiv, dem art mining. Und die Weite braucht es auch, um den Röhrenblick zu erkennen.
Gaby Fierz, Ethnologin und Kulturvermittlerin