【 Die Sprache markiert den Raum 】
Di. 27. Mai
SPEED SPEECH
Zum Artists' Window "Space Tag - Alltag"




«Das Fenster als Bild» liest man als Erstes, wenn man an der Tramstation gegenüber vom DOCK steht. Was könnte besser passen für eine Ausstellung, die sich im Fenster abspielt? Es ist eine Zeitungsüberschrift, von der Künstlerin Sabine Hertig ausgeschnitten und vergrössert. Doch es ist nur eine Schlagzeile aus mehreren, die oberste. Man liest weiter, gelangt vom «Fenster» zum «Auge», zum «Herzen», zu den «Lippen». Wie ein Gedicht eröffnen die Schlagzeilen Assoziationsfelder, sie fordern den Betrachter heraus, kommunizieren mit ihm.
«Space Tag – Alltag» heisst die Ausstellung, die Werke von drei Künstlern umfasst. Einen Raum markiert man auch über Sprache – nicht nur über die Bedeutungsebene, sondern nur schon über den Schall des gesprochenen Wortes oder über Musik. Vielleicht denken wir deshalb bei Matthias Aeberlis Werk an eine Bühne. Figuren aus Lehm und Holz bevölkern sie, flankiert von Bildern, die Abstraktes mit Figürlichem vereinen. Wir erkennen kleine gelbe Entchen, aufeinanderstehende Tiere wie bei den Bremer Stadtmusikanten, und plötzlich suchen wir automatisch nach Analogien in den abstrakten Farbklecksen und Lehmklumpen.
So funktioniert unser Gehirn, es sucht nach Bekanntem, nach Ähnlichkeiten. Ist es das, was Madeleine Jaccard mit ihrer Arbeit zeigt? Sie verbindet filigrane Y-Elemente aus Papier zu einer Installation, die scheinbar endlos weiterwachsen könnte. Als wäre es ein Gedanke, der sich fortsetzt, von Synapse zu Synapse. Die Arbeit wird so zum Sinnbild für diesen Raum, der als Schnittstelle für ein Netzwerk funktioniert, das täglich wächst. Und weiterwachsen soll.
Karen N. Gerig, Kunsthistorikerin und Kulturredaktorin Tageswoche